Reisen

Harley-Davidson USA-Tour 2003

"Dream-Tour"

Der Kultfilm "Easy Rider" prägte eine ganze Motorradfahrergeneration. Für die einen wurde die Chopper-Manie zum Lebenselixier, andere dagegen träumten vom Motorradtrip durch die USA. Bundesverteidigungsminister
Dr. Peter Struck, von Herzen überzeugter BMW-Fahrer,
verwirklichte sich 2003 gemeinsam mit Motorradfreunden
diesen Traum stilecht auf einer Harley-Davidson.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Stelzl, Steckel, Scheibe



Motorradfan Peter Struck auf der legendären Panhead aus dem
Kultfilm "Easy Rider"  im "Harley-Davidson Café" in Las Vegas
(Foto: Hans Stelzl)


Unvergessliches Erlebnis:
Golden Gate Bridge in San Francisco


Sitzprobe auf der Harley-Davidson Road King
(Foto: Steckel)


Eigentlich war alles perfekt organisiert. Eigentlich. Das Best Western Hotel "Mission Inn" im kalifornischen Nobelstädtchen Carmel war längst gebucht und im Geiste war man schon über den berühmten "17-Meilen-Drive" gefahren. Die mautpflichtige Küstenstraße verläuft quer durch eine Bilderbuchlandschaft, vorbei an den wohl schönsten Golfplätzen der Welt und mitten durch ein sündhaft teures Villenviertel. Doch daraus wurde nichts. Verpflichtungen zwangen zur Terminverlegung und jetzt saßen wir beim Abendessen im Provinznest Hollister. Eine Gegend, die zwar weit über Kaliforniens Grenzen für seinen Gemüseanbau bekannt ist, aber ansonsten sagen sich hier "die Füchse gute Nacht" - auch das ist Amerika.



Provinznest Hollister:
Eine Gegend, flach soweit das Auge reicht, die weit über Kaliforniens Grenzen 
für seinen Obst- und Gemüseanbau bekannt ist



Urlaub in LA:
Bummel durch Venice Beach



Pismo Beach:
Über die Beach dürfen Autos, Quads  und Motorräder fahren

Traumstraße US-No1 von Los Angeles nach San Francisco


Best Western Peppertree Inn in Palm Springs
Hotelmanagerin Millie Matz (vierte v.l.) war eine tolle Gastgeberin


Pause an der US-No. 1



Verteidigungsminister Dr. Peter Struck, Albert Deß, MdB, Winni Scheibe (hintere Reihe)
Klaus Zobel, HD-Manager, Dr. Hans Stelzl, Bernd Lange, MdEP, Ute Vogt, MdB, 
Hubert Kalb, Prof. Dr. Wolfgang Zeh
(Foto: Steckel)




Für Peter Struck, Bundesverteidigungsminister und in seiner raren Freizeit leidenschaftlicher Biker, erfüllte sich mit dieser Urlaubsreise ein Traum: "Genau wie viele andere Motorradfreunde habe ich Anfang der Siebziger natürlich Easy Rider gesehen. Meinen Plan einmal selbst mit dem Bike durch Amerika zu fahren, musste ich jedoch immer wieder verschieben. Jetzt hat es endlich geklappt, es ist schon ein tolles Gefühl, auf einer Harley-Davidson das Land zu erkunden. Das bisher Erlebte hat meine Erwartungen bei weitem übertroffen. Die krassen Gegensätze zwischen Los Angeles und der fast unberührten Natur an der Küste sind beeindruckend, ich bin auf die nächsten Tage gespannt," ließ der überzeugte BMW-Boxer-Fahrer wissen.


Hollister 4. Juli 1947: Ursprung der Biker-Szene


Der Abend in Hollister zog sich in die Länge, es wurde viel "Benzin geredet" und irgendwann kam die Sprache auf den "Hollister-Skandal". Und das war so: 
Am 4. Juli 1947 feierten die USA ihren Nationalfeiertag, und in Hollister wurde ein traditionelles Motorradrennen veranstaltet. Im Ort war richtig was los, als zur späten Stunde aber das Bier ausging, machten die Motorrad-Clubs, kurz MCs, Zoff. Angeblich soll es mit der "wilden Horde" auch eine Keilerei gegeben haben. Eigentlich nichts Außergewöhnliches, doch zwei Wochen nach der Randale erschien ein Bericht im renommierten Life-Magazin. Die Krönung des Sensationsartikels war ein Foto, das einen offensichtlich betrunkenen Biker auf einer Harley-Davidson zeigte. Für die verspießte Gesellschaft im Nachkriegs-Amerika war die Geschichte ein riesiger Skandal. Quer durch die USA wurden Motorradfahrer plötzlich zu bösen Buben und Rockern abgestempelt und so einen als Schwiegersohn hätte den Weltuntergang bedeutet.

Dieses Foto ist bis heute umstritten.
Zeigt es tatsächlich wie es am 4. Juli 1947 in Hollister war, oder hat die Aufnahme
ein windiger Reporter nur gestellt...

Im Sommer 1947 war ganz Amerika geschockt. Der Artikel über Hollister war ein 
gewaltiger Skandal
(Foto: Archiv)


Für Hollywood erwies sich der Hollister-Skandal als gefundenes Fressen. Mitte der fünfziger Jahre kam das Spektakel mit dem Titel "The Wild One" (Der Wilde) ins Kino. Die Hauptrolle spielte Marlon Brando - im Film saß er allerdings nicht auf einer Harley-Davidson, sondern auf einer Triumph. The Wild One war der erste echte Motorradfilm, oder besser gesagt Biker- oder Rocker-Film.


Zur Abwechslung:
Superbike-WM-Atmosphäre in Laguna Seca
und eine zweite Exkursion in die Biker-Geschichte

In Hollister kann sich schon lange keiner mehr an die "Rocker-Randale" von 1947 erinnern und ein Denkmal für den Ursprung des Biker-Kults sucht man ebenfalls vergeblich. Als wir am nächsten Morgen auf unseren Harleys nach Laguna Seca zum Superbike-WM-Lauf fuhren, winkten uns Kinder am Straßenrand freundlich zu.


Der Abstecher zum berühmten Raceway im Carmel-Valley wurde zum sportlichen Highlight der Tour. Normalerweise interessiert sich in den Staaten kaum ein Biker für Motorradrennen. Doch der WM-Lauf in Laguna Seca nimmt eine Sonderstellung ein, gut 100.000 Fans waren zum Speedweekend gekommen. Uns begrüßte Larry Coleman. Der Racing-Experte zeigte uns im Fahrerlager die Rennteams von Ducati, Honda, Suzuki, Yamaha und Kawasaki. Nur Harley-Davidson, vor kurzem noch mit der VR1000 in der AMA-Superbike-Meisterschaft engagiert, fehlte. Im Anschluss an den "Pit-Walk" schauten wir uns das Rahmenrennen zur nationalen AMA-Superbike-Meisterschaft an. Da das Fahrerlager und ein Großteil des Kurvenlabyrinthes in einem Talkessel eingebettet liegen, bietet sich den Zuschauern eine atemberaubende Rennatmosphäre mit grandiosem Überblick. Fahrstil, Überholmanöver und Positionskämpfe lassen sich hautnah mitverfolgen. "Unglaublich, mit welchem Speed die Burschen um den Kurs heizen," zollte Peter Struck den Superbike-Piloten Anerkennung. 


Raceway von Laguna Seca




Racing-Fans


Dr. Hans Stelzl, stellv. Direktor im Deutschen Bundestag, Ernst Bahr, MdB,
Larry "fast" Coleman, Dr. Peter Struck, Bundesverteidigungsminister,
Ute Vogt, stellv. Bundesinnenministerin,
Christina Bosch, Bernd Lange, MdEP, Albert Dess, MdB,
Klaus Zobel, Harley-Davidson Manager
(v.l.n.r)


Larry, der viele AMA-Fahrer persönlich kennt, machte uns auf die Honda mit der Startnummer 80 aufmerksam. Das sei Kurtis Roberts, der "kleine" Bruder vom Ex-500er-Weltmeister Kenny Roberts, jun. und Sohn des legendären dreifachen 500er-Weltmeisters Kenny "King" Roberts. Normalerweise, referierte Larry in perfektem Deutsch weiter, gehört Kurtis zu den Top-Piloten in der AMA-Meisterschaft, heute hätte er sich aber offensichtlich bei den Temperaturen von weit über 30 Grad bei der Reifenwahl vertan. Der begabte Nachwuchsracer landete auf enttäuschendem 11. Platz. Peter Struck, sichtlich vom Fachwissen beeindruckt, fragte Larry, woher er dies alles wisse. 


Larry Coleman


Frankfurt 1968 Larry mit seinem 
BMW R 69 S Gespann 
(Foto: Archiv Coleman)


Larry Coleman:
Dreifacher AMA-Sidecar-Champion
(Foto: Archiv Coleman)


Larry lachte und antwortete: "Solange ich denken kann, bin ich Racing-Fan, aber mein Herz gehört den BMW-Boxer-Gespannen." Das hatte Peter Struck nicht erwartet. Er erzählte wiederum, dass er nach seiner "Sturm- und Drangzeit" als 16jähriger auf einer NSU-Quickly und Anfang der 60er Jahre nach einem kurzen Abenteuer mit einem Heinkel-Roller sich ebenfalls den BMW-Boxer-Bazillus eingefangen hatte und bis auf eine familiäre Auszeit seit Anfang der 80er Jahre zunächst mit einer BMW R 50 bis zur aktuellen R 1150 RT mit Leib und Seele Boxer-Fan sei.


1968 gründete Larry die "Bones"
1990 fuhr er einen Weltrekord

Als wir erwähnten, dass wir in Hollister übernachtet hatten, erzählte Larry eine interessante Biker-Geschichte. Von 1968 bis 1973 war er als Soldat auf der Rhein-Main-Airbase in Frankfurt stationiert. Damals fuhr er eine BMW R 69 S mit Beiwagen und später beteiligte er sich mit einem BMW-Boxer-Renngespann bei Rundstrecken- und Bergrennen.

Gemeinsam mit einigen GIs hatte Larry im Herbst 1968 den Motorrad-Club "Bones" gegründet und war ihr erster Präsident". Als 1970 "Easy Rider" bei uns in die Kinos kam hatten die "Bones" immensen Zulauf, viele deutsche Biker wurden aufgenommen. Larry hätte sich damals allerdings niemals träumen lassen, dass die "Bones" einmal Ursprung für den Bikerkult in Deutschland, vielleicht sogar für Europa, werden sollten.


Frankfurt 1968: Larry Präsident der Bones
(Foto: Archiv Coleman)



"Bonneville Speed Week 1990"
Larry schaffte 174 mph !
(Foto: Archiv Coleman)


Anfang 1973 kehrte er nach Kalifornien zurück. Damit war das Clubleben beendet. Ersatz fand der Racer in der amerikanischen Seitenwagen-Szene, 1976, 1977 und 1979 wurde das Team Coleman/Andrews A.M.E. National Champion. Dieser Titel ist die höchste Auszeichnung, die ein Motorradrennfahrer in Nordamerika erreichen kann. Aber auch als Rekordpilot machte sich der schnelle Dreiradakrobat einen Namen. Mit einem Spezial-Gespann erreichte Larry 1990 bei der "Bonneville Speed Week" in seiner Klasse die sensationelle Geschwindigkeit von 174 mph (etwa 280 km/h). Dieser Rekord ist bis heute ungebrochen. Inzwischen arbeitet der Motorradexperte als PR- und Marketing-Manager für namhafte amerikanische Zubehörfirmen.
Eine spannende Geschichte und Peter Struck meinte, es ist schon eine tolle Sache, wenn man aus seinem Hobby den Beruf machen kann. Wir bedankten uns beim Ex-Champion und fuhren weiter über den Highway No.1, mit Stopp in Santa Cruz, nach San Francisco.


California Dreaming Tour:
Golden Gate - Yosemite - Death Valley - Las Vegas - Route 66



Golden Gate Bridge






Bisher hatten wir mit dem Wetter Glück. Das änderte sich plötzlich vor San Francisco, es begann zu nieseln, dichter Nebel zog auf. Klaus lachte sich ins Fäustchen, unserer Stimmung machte es keinen Abbruch. Und dann erlebten wir San Francisco, wie man es sich nur wünschen kann, von einem Meter zum anderen war der Spuk vorbei und wir fuhren bei "California Dreaming" über die Golden Gate Bridge. Wie ein Magnet wirkt der Aussichtspunkt auf Touristen, der Blick auf die berühmteste Hängebrücke der Welt, die San Francisco Bay und auf San Francisco Downtown kann einfach nur als gigantisch beschrieben werden. Nicht weniger beeindruckte unsere Harley-Gruppe die Fahrt durch die "Straßen von San Francisco", die Pflichtkür durch die berühmte Lombard Street sowie der Abend in Fisherman`s Wharf.




Straßen von San Francisco:
"Lombard Street"


Allein in San Francisco lassen sich Tage verbringen, doch unsere nächste Verabredung wartete schon. Grant Ecker, Mandelfarmer bei Modesto, hatte uns Sonntagmittag zum Barbecue eingeladen. Die eigentliche Überraschung sollten aber seine Oldtimer werden, Grant sammelt nämlich Straßenkreuzer. Irgendwie waren wir nun richtig in Amerika angekommen. Die Harleys parkten auf dem Hof, im Garten brutzelten auf einem Schwenkgrill riesige T-Bone-Steaks und die picobello restaurierten Oldies ließen uns in die Welt der Petticoats, Lollipops und Hula-Hoop mit der Musik von Little Richard, Bill Harley, Chuck Berry und Elvis eintauchen. Dass in der Musikbox in Grant´s Privatmuseum fetziger Rock`n`Roll und Blues lief, war sicherlich kein Zufall. 


Barbecue bei Mandelfarmer und Oldtimerfan Grant Ecker







Oldtimer-Sammler: Grant Ecker




Peter Struck ließ sich die Sitzprobe im Hot Rod nicht nehmen und machte aus
 seinen Emotionen keinen Hehl: "Als bekennender Blues Brother-Fan könnte
ich mir zu Hause neben meiner BMW so einen Schlitten gut vorstellen."


Durch den Yosemite-Park ins Death Valley


(Foto: Steckel)


"Master" Klaus Zobel



Nach einer wunderschönen Fahrt quer durch den Yosemite-Park sollte eine echte Herausforderung für Mensch und Maschine allerdings noch auf uns zukommen. Mitten durchs Death Valley wollten wir nach Las Vegas. Das "Tal des Todes" machte dabei seinem Namen alle Ehre, von Hitze konnte keine Rede sein, es war heiß wie im Backofen. 


Im Death Valley erwarteten uns 52 Grad im Schatten
und die Oase "Furnace Creek"

Als wir abends, ausgepowert aber überglücklich darüber die Strapazen gemeistert zu haben, Furnace Creek erreichten, erfuhren wir, dass es tagsüber 52 Grad Celsius warm gewesen war. Jetzt zeigte das Thermometer immer noch 47 Grad an. Der Sprung ins 35 Grad warme Poolwasser empfanden wir als echte Abkühlung.




Bei der Abreise gegen 9.00 Uhr war es im Death Valley schon wieder 48 Grad warm.
Furnace Creek Managerin Sharon Sheppard (dritte von rechts)
verabschiedet die tapfere Reisegesellschaft



Von Las Vegas über ein Teilstück der "Route 66"
nach Palm Springs und zurück nach "LA"

Nicht mehr ganz so brütend heiß, der Wetterdienst sprach von etwas über 40 Grad, war es in Las Vegas. Diese Glimmer- und Glitzer-Welt sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen und einen Besuch im Harley-Davidson Café ebenfalls nicht.
Abseits viel befahrener Highways und über ein Stück "Route 66" ließen wir die Harleys über Nebenstrecken zurück nach Los Angeles rollen. Nur wenig Verkehr störte den gemütlichen Fahrrhythmus. Für Peter Struck hatten sich die Erwartungen vom "American Way of Life" mehr als erfüllt: "Das urige Gestabbele der mächtigen V-2-Triebwerke hat sich auf die Fahrweise der ganzen Gruppe übertragen. Hektik und Stress sind zu Fremdworten geworden. Dazu die Eindrücke von der Landschaft. Die Schönheit der Natur, die weiten Täler, die kein Ende nehmen wollten, die unendliche Ausdehnung der Wüsten, die kurvigen Straßen an der Küste und durch den Yosemite Park und dann wieder diese schnurgeradeaus verlaufenden Highways und dann auch noch ein Stück Route 66, so habe ich mir den Südwesten der USA vorgestellt. Dazu der freundliche und zuvorkommende Service und überall die herzliche Gastfreundschaft, die Tour wird mir im Gedächtnis haften bleiben."







Wunderschöner Abend in Palm Springs.
Peter Struck zu Linda Fort, vom Palm Springs Bureau of Tourism: 
"Im Death Valley hatten wir 52 Grad im Schatten...". 

Kaum der Rede wert, aber auch die Harleys haben sich tapfer geschlagen. Es gab weder technische Defekte, noch ließ sich auf der gut 2500-km-Tour ein messbarer Ölverbrauch feststellen, und irgendeinen schmierigen Ölnebel an den Motorgehäusen gab es auch nicht.


"Unser Fuhrpark"


Harley-Davidson FXDXT Dyna Super Glide T-Sport



Harley-Davidson FLHTCUI Electra Glide Ultra Classic



Harley-Davidson FLSTFI Fat Boy  Injection



Harley-Davidson FLSTCI Heritage Softail Classic



Harley-Davidson FLSTCI Heritage Softail Classic



Harley-Davidson FLHT  Electra Glide Standard



Harley-Davidson FLSTS Heritage Springer



Harley-Davidson FLSTS Heritage Springer



Harley-Davidson FLHTCUI Electra Glide Ultra Classic



Harley-Davidson FLHRCI Road King Classic Injection



Harley-Davidson FLHTCUI Electra Glide Ultra Classic



Harley-Davidson FLSTFI Fat Boy Injection



Harley-Davidson FLSTFI Fat Boy Injection



Harley-Davidson FLHR Road King



... und tschüß...

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